Verpackungen sind nicht immer so „grün“ wie sie scheinen

2022-10-08 22:02:45 By : Ms. Celina Tang

Verpackungen sind eigentlich sinnvoll. Sie schützen Produkte vor Bruch und Schäden beim Transport. Gern verweisen vor allem Online-Händler die Verbraucher dabei auf die Verwendung nachhaltiger Materialien. Doch sind sie das überhaupt?

München ‒ Nicht nur Ex-Bundesumweltministerin Svenja Schulze drängte schon darauf, Verpackungsmüll einzusparen. Ob Kaffee-to-Go im Pappbecher oder der Pausen-Salat in der Wegwerfbox. Auch der derzeitige Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und seine Minister-Kollegin aus dem Umweltamt, Steffi Lemke, kämpfen weiter gegen den Müll an. Lösungen, die gegen die „Verschmutzungskrise“ sowie den Klimawandel helfen, seien jetzt noch viel stärker gefragt als vor der Pandemie und vor allem als noch vor dem Krieg Russlands gegen die Ukraine, sagte die Minister im Mai dieses Jahres auf der Münchner Umweltmesse IFAT.

Mit ihrer Politik will Umweltministerin Lemke die Kreislaufwirtschaft daher in all ihren Phasen des Zyklus von Produkten und Materialien stärken. So müsse der Kreislaufwirtschaftsgedanke bereits beim Produktdesign mitgedacht werden, damit Produkte besser reparierbar und recycelbar seien. Entsprechende Pläne der EU-Kommission werde die Bundesrepublik vollumfänglich unterstützen, zitiert EUWID, der europäische Wirtschaftsdienst, die Ministerin.

Bei Verpackungen kommen aus Sicht von Ministerin Lemke immer noch „zu viele fossile Rohstoffe zum Einsatz“. Dies sei aber kein Naturgesetz. Durch gesetzliche Zielvorgaben könne man hier Änderungen erreichen. Außerdem müssten Einwegverpackungen unattraktiver gemacht und Mehrwegangebote der neue Standard werden. So zumindest fordert es die Politik.

Doch die Praxis sieht derzeit noch anders aus. Zwar legen die Verbraucher inzwischen immer mehr Wert auf Nachhaltigkeit - insbesondere auf nachhaltige Verpackungen. Worauf vonseiten der Anbieter auch reagiert wird - aber eben nicht immer nachhaltig. „Im Zuge des Kunststoff-Bashings werden immer mehr faserbasierte Verpackungen produziert. Etwa für Teigwaren, Kaffee und Wurst“, teilt die Zentrale Stelle Verpackungsregister nun in einer Presseerklärung mit. Diese suggerierten den Verbrauchern zwar einen ökologischen Mehrwert, ließen sich allerdings in Wahrheit oftmals schlechter recyceln als sortenreine Kunststoffverpackungen.

Auch bei Verpackungen wie Altglas kommt es zu Hindernissen. Bei richtiger Entsorgung und Sortierung lasse sich Altglas zwar gut recyceln. Komme es aber zu bestimmten Materialkombinationen, sieht die Bewertung laut Zentrale Stelle Verpackungsregister schon wieder anders aus. Das betreffe Flaschen, die mit einem feinen Metallnetz umhüllt sind oder auch Korbflaschen. Darüber hinaus wirkten sich auch Produktreste von Nagellack, die im Fläschchen verbleiben, oder von Bitumen, die im Eimer kleben sowie Wachse oder diverse Chemie- und Baustoffe negativ auf die Recyclingfähigkeit der Verpackung aus.

In Deutschland fielen 2018 insgesamt 18,9 Millionen Tonnen Verpackungsabfall an. Pro Kopf entspricht dies durchschnittlich 227,5 Kilogramm Verpackungsabfall. Seit 2010 ist der Verpackungsverbrauch kontinuierlich um 17,9 Prozent gestiegen. Das zeigen die jüngsten Zahlen des Umweltbundesamts (UBA) zu Aufkommen und Verwertung von Verpackungen in Deutschland. Private Haushalte verursachen von der Gesamtmenge 47 Prozent, also über 8,9 Millionen Tonnen beziehungsweise 107,7 Kilogramm pro Kopf. Das sind 20,6 Prozent mehr als 2010.  Quelle: Bundesumweltministerium

Abseits der Verbundverpackungen gibt es offensichtlich noch andere Trends bei Verpackungen, die mit Blick auf das Recycling nicht vorteilhaft sind. Hier nennt die Zentrale Stelle die zunehmenden PET-Folien und -schalen sowie beidseitig beschichtete Papierbecher. Gleiches gelte auch für den steigenden Anteil von Verpackungen aus Materialien wie Holz, Bambus oder Textilien, die sich als nicht nachhaltig erweisen würden. In der Sortierung der Abfälle würden diese gar nicht erst aussortiert. Die Recyclingfähigkeit nach Mindeststandard sei damit gleich null. In der Praxis würden sie nicht recycelt werden, sondern verbrannt, so die Zentrale Stelle.

Wann eine Verpackung recyclingfähig ist, und wann nicht, darauf liefert der Mindeststandard zur Bemessung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen nach dem Verpackungsgesetz Antworten. Er wird Jahr für Jahr von der Zentralen Stelle Verpackungsregister veröffentlicht und bietet eine Hilfestellung für die ökologische Verbesserung von Verpackungen. Der Mindeststandard 2022 wurde jetzt vorgestellt.

Ziele des Verpackungsgesetzes sind der Schutz der Umwelt und ein fairer Wettbewerb. Es soll helfen, natürliche Ressourcen zu schonen. Grundlegende Voraussetzung dafür ist es, Abfälle zu vermeiden und möglichst hochwertig zu verwerten sowie Rohstoffe im Kreislauf zu führen. Das Gesetz verpflichtet die Hersteller dazu, die Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus ihrer Verpackungen zu übernehmen. So ist zum Beispiel auf das Einwegpfand für Getränkeverpackungen ist im Verpackungsgesetz geregelt. Quelle: Umweltbundesamt.de

Die Kunststoffstrategie der Europäischen Kommission sieht vor, dass in der EU ab dem Jahr 2025 jährlich zehn Millionen Tonnen Recycling-Kunststoffe verwendet werden. Besser noch. Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert immer wieder, dass Plastikverpackungen für Obst und Gemüse ähnlich wie in Frankreich verboten werden müssen. Dann gäbe es auch nichts mehr zu recyceln.

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